ADX – der bekannteste Trendstärke-Indikator

ADX

In den einigen Beiträgen haben wir uns mit den Trendfolge-Indikatoren beschäftigt und deren Einsatzmöglichkeiten beim Trading dargestellt. Bekanntlich bewegen sich die Märkte aber keineswegs immer in ausgeprägten Trends, im Gegenteil: Den Großteil der Zeit verbringen Finanzmärkte in trendlosen Phasen. Der Einsatz von Trendfolgestrategien ist dann nicht sinnvoll. Wie man erkennen kann, ob ein Trend vorliegt oder nicht, möchten wir anhand des wohl bekanntesten Trendstärke-Indikators – des ADX – aufzeigen.

Investoren und Trader gleichermaßen werden überall mit der Empfehlung „The trend is your friend“ konfrontiert. Was logisch klingt und auch unter statistischen Gesichtspunkten sinnvoll erscheint – nämlich während klarer Trendphasen mit und nicht gegen den Strom zu schwimmen –, bereitet vielen Marktteilnehmern in der praktischen Umsetzung häufig Schwierigkeiten. Neben den zahlreichen psychologischen Hürden hängt dies stets auch mit der Frage zusammen, wie man objektiv bestimmen kann, ob ein Trend überhaupt vorhanden ist und inwieweit dieser im Zeitablauf zu- beziehungsweise abnimmt. Genau an dieser Stelle kommt der von Welles Wilder bereits Ende der Siebzigerjahre entwickelte Average Directional Index (kurz: ADX) ins Spiel.

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Berechnung des ADX

Bevor wir aufzeigen, wie genau der ADX in der Praxis eingesetzt werden kann und welche Vorteile er bietet, müssen wir einen Schritt zurückgehen und zunächst den Directional Movement Index (DMI) von Wilder erklären, der die Basis für die Berechnung des ADX darstellt. Dieses Konzept, das übrigens auch als eigenständiges Handelssystem eingesetzt werden kann, basiert auf der Annahme, dass in Aufwärtstrends das heutige Hoch über dem Vortageshoch und in einem Abwärtstrend das heutige Tief unter dem gestrigen Tief liegt. Die Berechnung der einzelnen Komponenten erfolgt in mehreren Schritten und soll nachfolgend kurz erklärt warden.

Schritt 1

Die Differenz zwischen dem heutigen Hoch und dem gestrigen Hoch ergibt die sogenannte +DM-Linie. Die -DM-Linie misst dagegen die Differenz zwischen dem aktuellen Tief und dem Vortagestief. Eine Besonderheit stellen Tage dar, an denen das Hoch des Vortages nicht überbeziehungsweise das Tief des Vortages nicht unterschritten wurde, sogenannte „Inside Days“. Diese erfüllen nicht die eingangs beschriebene Vorgabe und werden bei der Kalkulation folglich nicht berücksichtigt.

Schritt 2

Nun wird die sogenannte True Range (TR) – also die wahre Handelsspanne – des zugrunde liegenden Wertpapiers ermittelt. Sie weist stets einen positiven Wert aus und definiert sich als der jeweils höchste Wert der Differenz von:

  1. Tageshoch heute minus Tagestief heute
  2. Tageshoch heute minus Schlusskurs gestern
  3. Tagestief heute minus Schlusskurs gestern

Schritt 3

Im letzten Schritt werden die +DM- und die -DM-Linien durch die True Range dividiert und man erhält den aufwärtsgerichteten Index (+DI) und den abwärtsgerichteten Index (-DI). Um die Bewegungsrichtung zu quantifizieren, werden diese beiden Linien zueinander in Beziehung gesetzt; daraus entsteht der Directional Movement Indikator, kurz DMI. Eine Glättung des DMI liefert letztendlich der ADX. Er wird standardmäßig in der 14-Perioden-Einstellung berechnet und bewegt sich stets zwischen null und maximal 100. Heutzutage ist der ADX Teil jeder vernünftigen Chartsoftware und lässt sich beliebig modifizieren, sodass die relativ aufwendige Berechnung entfällt.

Interpretation des ADX

Ein Blick auf den Verlauf des ADX liefert dem Trader wertvolle Informationen hinsichtlich der Trendstärke. Steigt der ADX im Zeitverlauf an, zeigt dies eine Zunahme der Trendstärke. Weist die ADX-Linie dagegen nach unten, deutet dies auf eine Abschwächung des Trends hin, sodass die Kurse des Wertpapiers in der Regel in eine Seitwärtsbewegung übergehen. Interessant ist auch die Beobachtung, dass während Phasen eines fallenden ADX vermehrt Fehlausbrüche im Chart stattfinden. Grundsätzlich gilt: Je höher der ADX, desto stärker die direktionale Bewegung des Basiswertes. Die absoluten Werte des Indikators sprechen eine klare Sprache: Liegt der ADX-Wert oberhalb der 25er beziehungsweise 30er Marke, deutet dies auf einen intakten Trend hin, während Werte darunter Seitwärtsphasen signalisieren. Werte oberhalb der 40er Marke zeigen indes eine extrem hohe Trendstärke an, die aber in der Regel nicht von sehr langer Dauer ist. Bild 1 zeigt den Gold-Wochenchart seit 2005 und belegt, dass der ADX sowohl Extrempunkte im Trend als auch jeweils das Ende der jeweiligen Konsolidierungsphase gut anzeigte.

Bild 1: Wochenchart Gold mit ADX

B1) Wochenchart Gold mit ADX

Bild 1: Der ADX zeigt die Trendintensität des zugrunde liegenden Basiswertes an. Während Notierungen im Bereich der 15er bis 20er Marke gute Ausgangspunkte für eine Beschleunigung des Trends waren, konnten Extremwerte oberhalb der 40er Marke nur kurz gehalten werden.

Bild 2: Tageschart DAX mit ADX

Bild 2 Tageschart DAX mit ADX

Der ADX bestätigte die trendlose Phase zwischen April und Juli 2011 mit niedrigen Werten unterhalb der 20er Marke. Der nachfolgende Ausbruch des ADX wiederum war ein klares Zeichen einer Trendbeschleunigung beim DAX. Als der Indikator Ende August 2012 über der 45er Marke seinen Hochpunkt ausbildete, war das Tief beim DAX fast erreicht.

ADX als Filter für andere Indikatoren

Beim Einsatz des Indikators ist im Gegensatz zu anderen Indikatoren ein wichtiger Unterschied zu beachten: Der ADX trifft zwar Aussagen über die Trendstärke, sagt aber nichts über die Trendrichtung aus. Damit ist er isoliert betrachtet nicht dazu geeignet, um Einstiegssignale zu generieren. Allerdings eignet er sich hervorragend als Filter für andere Indikatoren, indem er aufgrund der Aussage zur Trendstärke bestimmt, welche Indikatoren zum Ein- und Ausstieg genutzt werden sollten. Durch den Einsatz von Trendstärke-Indikatoren wie dem ADX kann der Zustand eines Marktes transparent gemacht und in Trend- sowie trendlose Phasen unterteilt werden. Der ADX wird aus diesem Grund in vielen Handelssystemen als Filter verwendet – schließlich lassen sich mit dessen Einsatz viele Handelsstrategien optimieren.

Besonders gute Signale liefert der ADX, wenn der untersuchte Basiswert aus einer langen Seitwärtsphase in eine Trendphase wechselt. Zwar können charttechnisch orientierte Trader am Chart selbst erkennen, ob ein Trend vorhanden ist oder nicht und wie stark dieser ist. Soll diese Frage jedoch für eine größere Anzahl unterschiedlicher Wertpapiere beantwortet werden, wird die Sache relativ schnell sehr mühselig, wenn nicht sogar unmöglich. Was liegt näher, als diese Arbeit mit einer einzigen Abfrage zu erledigen? Mit dem ADX ist das kein Problem. Doch wie jeder andere Indikator auch besitzt der ADX die eine oder andere Schwäche. Hierzu zählt in erster Linie seine konstruktionsbedingte Trägheit, die dazu führt, dass bei einem Signal des ADX häufig ein Großteil der Kursbewegung bereits Geschichte ist.

Fazit

Der ADX ist ein einfacher und effektiver Indikator zur Bestimmung der Trendstärke. Durch die Trennung von Seitwärts- und Trendphasen leistet er wertvolle Dienste bei der Wahl des richtigen Trading-Ansatzes. Konkret heißt das: Liegt laut ADX ein Trend vor, sind Trendfolge-Ansätze die beste Wahl. Ist anhand des ADX dagegen abzulesen, dass der zugrunde liegende Markt keinen ausgeprägten Trendcharakter aufweist, sind Oszillatoren wie zum Beispiel der RSI, den wir in einem der nächsten Beiträge unter die Lupe nehmenwerden, als Signalgeber vorzuziehen.

 

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