Das Traden von charttechnischen Formationen (Patterns) kann eine sehr ertragreiche Strategie sein. Flaggen, Wimpel und Dreiecke sind leicht zu identifizieren und bieten meist hervorragende Chance-Risiko-Verhältnisse – mal abgesehen von einer soliden Trefferquote. Daneben können zerstörte Formationen – so genannte Busted Patterns – ebenfalls Einstiege für gute Gewinn-Trades darstellen. Wenn nach einem kleinen Ausbruch eine scharfe Gegenbewegung stattfindet, ist es wahrscheinlich, dass der Kurs diesen neuen Trend beibehalten wird. Vor allem in volatilen Marktphasen mehren sich Busted Patterns, daher sollten Sie gerade jetzt einen genaueren Blick darauf werfen.
Der Klassiker – Bullenfalle
Die wohl bekannteste Busted Pattern, wenngleich nicht oft als solche bezeichnet, ist die Bullenfalle. In Bild 1 sehen Sie den Chart der Aktie von Fresenius. Anfang Januar 2008 kam es zu einem Ausbruch über ein im Dezember zuvor entstandenes Hoch. Die blau eingezeichnete Linie ist der durch das Dezember-Hoch gebildete Widerstand. Den Ausbruch über diese Linie hätte man gut und gerne als Trade-Einstieg nutzen können. Zusätzlich trat dieser Kursausbruch in Form einer Kurslücke (Gap) auf, denn der Eröffnungskurs des Ausbruchstages, wie Sie auf dem Chart sehen können, lag oberhalb der Widerstandslinie. Nach diesem Gap hätte man annehmen können, dass sich der Aufwärtstrend kraftvoll fortsetzt, doch letztlich war das genaue Gegenteil der Fall gewesen. Der Trend verlor an Intensität und kehrte sofort um, so dass sich nicht einmal mehr der Tagesschlusskurs jenseits der zuvor gehandelten Widerstandslinie befand. Im weiteren Kursverlauf ging es ebenfalls weiter abwärts. Nun liegt es nicht fern, dieses optische Gebilde als Bullenfalle zu bezeichnen, denn jeder, der mit dem Ausbruch auf die Bullen, also einen Aufwärtstrend beziehungsweise dessen Fortsetzung gesetzt hatte, wurde schnell enttäuscht. Weit interessanter ist jedoch, dass diese Bullenfalle einen stattlichen Trade in der entgegengesetzten Richtung hervorgebrachte, denn mit der Bullenfalle wurde der höchste Punkt im Chart erreicht. Genau diese Einstiegsidee wird im Rahmen der Busted Patterns benutzt und vertieft.
Bild 1: Bullenfalle bei Fresenius
Nach Ausbruch mit Gap über das Dezemberhoch kehrte der Kurs der Fresenius-Aktie radikal um. Wer diese Trendfortsetzung getradet hat, ist in die Bullenfalle getappt.
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Busted Triangle
Folgendes Beispiel (Bild 2) behandelt ein zerstörtes Dreieck (englisch Triangle), genauer, ein zerstörtes symmetrisches Dreieck. Fast die ganze erste Hälfte des Jahres 2008 verbrachte die Aktie der Deutschen Postbank damit, das symmetrische Dreieck in Bild 2 auszuprägen. Der Ausbruch über die obere Trendlinie Anfang Juni währte nur kurz. Wie auch bei der Bullenfalle aus Bild 1 erfolgte er zwar mit einem Gap, aber auch hier blieb den Bullen schlagartig die Puste weg. Anstelle einer ordentlichen Aufwärtsbewegung drehte der Kurs und fiel sozusagen wieder zurück in das Dreieck, auch wenn dieses nach diesem Ausbruch im Sinne der Definition eigentlich keines mehr war. Im Gegenteil – es war eine Busted Pattern entstanden. Doch auch im Falle der Deutschen Postbank ist es so, dass der Kurs nie mehr so hoch stand wie zum Zeitpunkt des Ausbruchs über die obere Linie – es hatte sich also ein gewaltiger Abwärtstrend angekündigt. Hätte man ein bisschen länger gewartet und den nachfolgenden Ausbruch nach unten getradet, wäre ebenfalls ein hervorragender Trade zustande gekommen.
Bild 2: Symmetrisches Dreieck
Im Kurs der Postbank entstand ein symmetrisches Dreieck, das zu einer Busted Pattern wurde. Die roten Punkte beschreiben einen Trailing-Stopp-Exit gemäß der Verlaufshochs.
Worin also liegt genau der Vorteil der Busted Patterns? Das Beispiel in Bild 2 macht dies sehr deutlich, denn nach dem erfolglosen ersten Ausbruch bekommt der Trader einen entscheidenden Hinweis: Es ist Schwäche im Markt. Zum Zeitpunkt der Ausprägung eines symmetrischen Dreiecks, einer typischen Konsolidierungsformation, ist unklar, in welche Richtung sich der Trend fortsetzen wird. Ein Fehlausbruch kann jedoch einen entscheidenden Hinweis liefern. Gerade im Falle eines Finanztitels wie der Postbank hätte die fundamentale Situation ihr Übriges getan, um mit dem erneuten Ausbruch nach unten einen Short Trade zu untermauern. Bevor man also eine Busted Pattern als Misserfolg abstempelt und ihm keine Beachtung mehr schenkt, lohnt es sich, den weiteren Verlauf zu beobachten und erneut einen Trade einzugehen. Man erhält quasi eine zweite Chance, sofern man Busted Patterns berücksichtigt.
Rechteck-Formation
Bild 3 beinhaltet ein weiteres Beispiel für eine Busted Pattern. Die im Chart der Linde-AG-Aktie aufgetretene Rechteck-Formation (beziehungsweise Box) gilt in der Theorie der Technischen Analyse als Fortsetzungsformation in Trendrichtung, hier also aufwärts. Viel muss dazu nicht gesagt werden: Nach zwei weniger überzeugenden Ausbrüchen nach oben wurde es beim dritten Ausbruch auf der Unterseite richtig interessant, denn ein Abwärtstrend setzte ein.
Bild 3: Rechteck-Formation
Rechtecksformationen können, wie hier auf dem Kurs der Aktie der Linde AG, zu einer Busted Pattern werden. Dieses ist besonders nah mit der klassischen Bullenfalle verwandt
Andere Märkte
Nachdem deutsche Aktien in letzter Zeit allesamt eher gefallen als gestiegen sind und dies zum Erfolg der bisher aufgeführten Busted Patterns beigetragen hat, soll an dieser Stelle ein weiteres Beispiel aus einem anderen Markt betrachtet werden.
In Bild 4 wird der Chart vom EUR/USD dargestellt, dem wohl wichtigsten Devisenpaar am Forex-Markt. In den Monaten März und April entstand ein Wimpel, eine weitere klassische Fortsetzungsformation. Nachdem mit dem Hoch bei etwa 1,60 ein minimaler Ausbruch nach oben erfolgt war, fiel der Kurs kurze Zeit später unter die untere Trendlinie. Nach einem kurzen Abwärtsschub und einer längeren Seitwärtsphase setzte Ende Juli dann doch ein stärkerer Abwärtstrend ein.
Bild 4: EUR/USD, Wimpel
Auf dem abgebildeten Tages-Chart entstand ein Wimpel, nach dessen „Bust“ ein entgegengesetzter Trend begann.
Strategie-Vorschlag
Wenn man aufgrund von Patterns, egal welcher Art, einsteigt, empfiehlt es sich, den Stopp ebenfalls von der Technischen Analyse abhängig zu machen. Im Falle der Busted Patterns ist es aufgrund eines vorhergegangenen falschen Ausbruchs leicht, einen initialen Stopp zu platzieren. Wenn Sie die aufgeführten Charts miteinander vergleichen, findet sich jeweils mit dem Hoch des entsprechenden falschen Ausbruchs ein optimaler Stopp. Je nach Belieben kann man diesen dann auch ein wenig vom Extrempunkt entfernt setzen. Ein Einstieg kann auf zweierlei Weisen erfolgen: Ein aggressiverer Stil würde bedeuten, dass man direkt nach Wiedereintritt in die Formation einen Trade platziert. Mag man es lieber konservativ, so wartet man die endgültige Bestätigung durch einen erneuten Ausbruch aus der Formation in der Gegenrichtung ab. Eine besonders elegante Methode besteht dabei darin, eine Position auf beide Punkte aufzuteilen, also beispielsweise mit dem ersten Drittel aggressiv einzusteigen und den Rest auf konservative Weise zu platzieren. Dabei gilt es zu beachten, den Stopp ebenfalls anzupassen, wenn die Position aufgestockt wird.
Ausstieg
Komplizierter wird die Sache bei der Frage, wo man idealerweise wieder aus einem Trend aussteigt. Nachdem eine Busted Pattern lediglich einen Trendwechsel indiziert, jedoch keinen Anhaltspunkt für ein Kursziel liefert wie eine gängige Fortsetzungsformation tut, eignet sich eine Trailing-Stopp-Strategie für einen optimalen Ausstieg. Auch hier kann man eine eher aggressive oder eine konservative Schiene fahren. Aggressiv könnte bedeuten, den Stopp gemäß Hochs oder Tiefs einzelner Balken anzupassen. Anhand von Bild 4 würde dies konkret heißen, dass man nach dem Ausbruch einen täglich aktualisierten Stopp auf dem Hoch des Vortages platziert hat. Somit wäre der Trade Anfang Mai beendet gewesen und die erste Abwärtsbewegung nach der Busted Pattern gut abgegriffen worden. Hält man es konservativer, wählt man nicht das Vortageshoch, sondern das Verlaufshoch. Immer wenn der Kurs ein neues Tief ausprägt, wird der Stopp auf das vorherige relative Hoch gesetzt. In Bild 2 werden die Hochs anhand der roten Punkte markiert und die rote Linie bezeichnet den Ausstieg. Alternativ könnte man einen prozentualen Trailing-Stopp, beispielsweise zehn Prozent oberhalb des Kurses, verwenden. Aber auch hier kann man Strategien mischen und portionsweise aussteigen.
Fazit
Busted Patterns sind nichts, vor dem sich ein Trader fürchten muss. Im Gegenteil – sie können gewaltige Trendwenden ankündigen und so ein gutes Trade Setup darstellen. In Kombination mit einem intelligenten Stopp und Exit kann man so eine schlagkräftige Strategie kreieren. Wie andere Patterns auch können Busted Patterns auf allen Zeitebenen und in allen Charts auftauchen, sowohl in bullischer als auch bärischer Form. Die eigentliche Arbeit liegt darin, sie zu finden – halten Sie also die Augen offen!
Quelle: TRADERS' Mag.
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