Erfolgreich handeln mit Candlesticks

Candlestick

An anderer Stelle wurde die Anwendung der japanischen Kerzencharttechnik erläutert. Thematisiert wurden die wesentlichen Grundkerzen sowie der Prognosehorizont der Candlesticks. Dabei wurde deutlich, dass es sich bei dieser Kerzencharttechnik weder um eine Kunst noch um eine Wissenschaft handelt, sondern dass sie vielmehr eine erlernbare Fertigkeit darstellt, die auf dem Grundverständnis von Verhaltensmustern der Masse von aktiven Händlern und Händlerinnen basiert. Außerdem relevant ist die Tatsache, dass der ambitionierte Trader nicht zwingend alle bekannten Candlestick-Muster kennen muss. Sinnvoll ist nicht immer das „breite Wissen“, sondern eher das „tiefe Verständnis“ dafür, welchen Stimmungszustand ausgewählte Verhaltensmuster der Candlestick-Methodik darstellen und wann diese Muster tatsächlich aussagekräftig sind.

Die Beurteilung der Aussagekraft eines Musters kann durch die Verknüpfung unterschiedlicher Zeitebenen der Candlesticks und mithilfe von Indikatoren beziehungsweise deren definierten „Zustandsbereichen“ unterstützt werden. Ausgefeilte statistische Methoden, die die Aussagekraft von Candlesticks untersuchen, helfen dagegen nicht unbedingt weiter. Denn eine sinnvolle Anwendung der Candlesticks ist stets abhängig vom aktuellen Marktumfeld – auch unter Einbeziehung der Trend- und Formationsanalyse.

Peinlich genaue Definitionen der Muster, die zur statistischen Auswertung zwar wiederum unerlässlich sind, lassen jedoch oftmals aussagekräftige, aber unvollkommene Muster sowie den Zusammenhang mit der Trend- und Formationsanalyse unter den Tisch fallen und tauchen in keiner statistischen Untersuchung mehr auf. Candlesticks sind daher vor allem eine diskretionäre Angelegenheit.

In diesem Artikel wird nun die wichtigste Kerze in der Kerzencharttechnik vorgestellt: der Hammer.

Chartanalyse

Definition eines Hammers

In der Literatur und im Internet hat sich folgende Definition des Hammers durchgesetzt: Der Hammer hat einen kleinen oberen Kerzenkörper (schwarz oder weiß) ohne Docht (oder mit einem sehr kleinen Docht, der nicht länger als der Kerzenkörper sein sollte) und einer langen Lunte, die mindestens zweimal so lang sein sollte wie der Kerzenkörper des Hammers.

Der Schlusskurs des Hammers notiert in der Nähe der unteren Range eines ausgeprägten Abwärtstrends. Nach einem Abwärtstrend ist der Hammer ein möglicher unterer Umkehrpunkt. Wird auf Schlusskursbasis der Tiefpunkt des Hammers nach unten durchschritten, gilt der Abwärtstrend als intakt (Bild 1).

Bild 1: Hammer nach Abwärtstrend

Bild 1 Hammer nach Abwärtstrend

Bild 1 zeigt einen Hammer nach einem Abwärtstrend: Der Kerzenkörper ist weiß oder schwarz (je nachdem, ob der Eröffnungskurs unter oder über dem Schlusskurs liegt) und die lange Lunte zeigt nach unten.

Beschreibung des Hammers

Der Hammer ist eine der aussagekräftigsten Kerzen in der Candlestick-Methodik. Seine Erläuterung ist relativ einfach: Auf niedrigem Niveau greifen die Optimisten und Schnäppchenjäger zu, während die Profis einsammeln und die Hände aufhalten. Weitere Optimisten in Lauerstellung werden von den anziehenden Kursen in ihrer Einschätzung eines „tiefen“ Niveaus und einer eventuell bevorstehenden Trendwende der ausgebombten Kurse bestätigt und bauen erste Positionen auf. Dies kann zu einer echten Trendwende führen. Relevant ist vor allem, dass nach einem Abwärtstrend gegen den vorherrschenden Trend, gegen die fortgeschrittene Panik und gegen die Angst gekauft wird. Die lange Lunte eines Hammers zeigt eine klare Kaufneigung und einen Stimmungsumschwung an. Diese auftretende Kaufneigung ist jedoch noch nicht das eigentliche Kaufsignal – erst nach einer weiteren Bestätigung der Kaufneigung durch eine möglichst dynamische weiße Kerze ist eine Trendwende anzunehmen. Fehlt diese Bestätigung, ist auch ein Hammer kein signifikantes Trendwendesignal.

Fragen Sie sich stets bei Betrachtung der Candlesticks, also auch bei der eines Hammers: Herrscht aktuell Kauf- oder Verkaufsneigung im Markt vor? Können Sie diese Frage nicht klar beantworten, sollten Sie über die weitere Richtung im Zweifel sein. Daher ist es stets sinnvoll, in diesem Fall keine Trades vorzunehmen und sich für den Werterhalt seines Depots zu entscheiden. Denn der Depoterhalt ist die wichtigste Regel an der Börse.

Der Hammer zeigt recht deutlich, wie sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage in Relation zu den vorherigen Perioden darstellt. Hierzu nun einige Beispiele, die exemplarisch die Anwendung des Hammers beleuchten.

Bild 2: Hammer als Trendwendesignal

Bild 2 Hammer als Trendwendesignal

Bild 2: Die Tageskerzen zeigen einen Hammer im Kursverlauf des S&P 500 am 8. Oktober 1998. Der Hammer bestätigt mit einer langen Lunte eine bestehende Unterstützung und wird mit einer nachfolgenden grünen („weißen“) Kerze als Trendwendesignal bestätigt.

Aussagekräftig: Hammer bestätigt Unterstützung mit nachfolgender weißer Kerze Ein schönes Beispiel für einen Hammer zeigt der Kursverlauf des S&P 500 am 8. Oktober 1998 (Bild 2). Dieser ist geradezu mustergültig und stellt in dieser Form eines der aussagekräftigsten Candlestick-Muster dar.

Zur Erläuterung: Nach einer deutlichen Abwärtsbewegung konnte sich der S&P 500 zwar im September erholen und generierte somit an einem Niveau von zirka 939 Punkten eine Unterstützung. Das Vertrauen in steigende Kurse war jedoch noch nicht wiederhergestellt und so prallte der Index Ende September 1998 an einem Widerstand bei etwa 1060 Punkten nochmals nach unten ab. Relevant war nun am 8. Oktober 1998, dass zwar im damaligen Tagesverlauf das vorherige Tief vom 1. September 1998 bei 939 Punkten gebrochen wurde, aber im Laufe des Handelstages ein Stimmungsumschwung einsetzte und der Index deutlich über der so erfolgreich getesteten Unterstützung schloss. Betrachten Sie hier auch die lange Lunte des Hammers („lang“ in Relation zu den vorherigen Kerzenkörpern). Die Ausdehnung einer Kerze, eines Dochtes oder einer Lunte gibt stets einen Hinweis auf die Kraft der Bullen oder Bären. Die Bestätigung für den Hammer als potenzielles Trendwendesignal folgte im S&P 500 schon tags darauf mit einer weißen Kerze. Die Kaufneigung, der Stimmungsumschwung im Markt, setzte sich somit fort und das erste Kursziel war demzufolge die Abwärtstrendlinie. Interessant an diesem Kursverlauf ist außerdem, mit welcher Dynamik der Abwärtstrend anschließend mit einer sehr langen weißen Kerze gebrochen wurde und sich im weiteren Verlauf eine W-Formation bildete.

Fazit: Ein Hammer mit langer Lunte nach einem ausgedehnten Abwärtstrend, der eine bestehende Unterstützung erfolgreich verteidigt und mit einer nachfolgenden weißen Kerze bestätigt wird, ist ein aussagekräftiges Kaufsignal.


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Ein weiteres Beispiel für das Trading-Setup „Hammer bestätigt Unterstützung mit nachfolgender weißer Kerze“ sehen Sie im Kursverlauf von Baker Hughes, einer US-Aktie. Hier bildete sich in den Wochenkerzen Anfang September 2009 ein kleiner Hammer (Bild 3).

Bild 3: Kleiner Hammer

Bild 3 Kleiner Hammer

Bild 3: Ein kleiner Hammer im Kursverlauf von Baker Hughes als Wochenkerze Anfang September 2009 bestätigte eine bestehende Unterstützung und offerierte eine kurzfristige Trading-Chance.

Wirklich aussagekräftig war der Hammer für sich genommen nicht, da ein vorheriger ausgedehnter Abwärtstrend fehlte. Interessant war jedoch das Auftreten des Hammers an einer relevanten Unterstützungszone, die an der 34er Marke anzunehmen war (abgeleitet von Dochtspitzen im März 2008 sowie den Tiefs im Juli 2009). Auch die nachfolgende weiße Kerze bestätigte die zumindest kurzfristig aufkeimende Kaufneigung mit einem ersten Kursziel von zirka 39,50 bis 40 Dollar (dem letzten Top von Ende August 2008) und einem zweiten Kursziel an der oberen Begrenzung der Tradingrange bei etwa 42 Dollar.

Verknüpfung der Zeitebenen

Interessant sind Hammer in den Wochenkerzen allemal – und so lohnt dann auch immer ein Blick auf die Tageskerzen. Verknüpfen Sie bitte stets die einzelnen Zeitebenen. Auf diese Weise erhalten Sie eine höhere Trefferquote aufgrund der Verbindung der Aussagekraft der einzelnen Signale. So zeigten die Tageskerzen Anfang September 2009 in der Aktie von Baker Hughes einen ausgeprägten Harami und nachfolgend keinen weiteren Verkaufsdruck an, woraufhin auch das kleine Gap von Anfang August mit zwei dynamisch ansteigenden Kerzen geschlossen wurde (Bild 4). Letztlich lagen verschiedene Kaufsignale in unterschiedlichen Zeitebenen vor, die sich ergänzten und einen erfolgreichen Trade versprachen.

Bild 4 Verknüpfung unterschiedlicher Zeitebenen

Bild 4 Verknüpfung unterschiedlicher Zeitebenen

Bild 4: Die Verknüpfung unterschiedlicher Zeitebenen ist stets sinnvoll. Bei Baker Hughes gab es Anfang September 2009 Kaufsignale auf Basis von Tages- und Wochenkerzen. Der Hammer auf Wochenbasis ergibt sich dabei aus der Zusammenfassung der jeweiligen Tageskerzen.

Ein Hammer allein macht noch keine Trendwende

Der häufigste Fehler in der Anwendung der Candlesticks ist, Muster nicht auf deren Aussagekraft zu prüfen oder scheinbar ideale Muster ohne Bestätigung zu handeln. So macht auch ein Hammer allein noch keine Trendwende aus. Ein typisches Beispiel hierfür sind zwei kurz aufeinander folgende Hammer im DAX im Juli 2004 (Bild 5). Der erste Hammer am 9. Juli 2004 trat an einer Unterstützung bei zirka 3920 Punkten auf und bestätigte diese. Die nachfolgende Kerze zeigte jedoch weiter abwärts und die Kaufneigung der Lunte des Hammers konnte sich nicht durchsetzen. Ebenso wurde der zweite Hammer mit einer langen Lunte am 14. Juli 2004 nicht von einer nachfolgenden weißen Kerze bestätigt. Vielmehr erwies sich der Kursrutsch per Tagesschlusskurs unter die Luntenspitze des Hammers als weiteres kurzfristiges Verkaufssignal.

Bild 5: Hammer ohne Bestätigung

Bild 5 Hammer ohne Bestätigung

Bild 5 zeigt den Chart des DAX im Juni/Juli 2004 mit Tageskerzen. In einer Abwärtsbewegung traten kurz aufeinander folgend zwei Hammer auf, die jedoch keine Trendwende herbeiführten. Der jeweilige Break des Tiefs eines Hammers stellt letztlich eine Trendbestätigung dar.


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Indikatoren prüfen die Aussagekraft

Die Aussagekraft des Hammers kann überdies mit weiteren Hilfsmitteln abgeschätzt werden. So zum Beispiel mit dem prozentualen Abstand eines Gleitenden Durchschnittes zum Close des untersuchten Wertes. Dieser Indikator wird als Disparitätsindex oder KAIRI bezeichnet. Im oben beschriebenen Fall des DAX im Juli 2004 zeigte der KAIRI (38) bezogen auf einen einfachen Gleitenden Durchschnitt der letzten 38 Tage keine Extremwerte an (Bild 6). Das heißt, die Marktteilnehmer betrachteten das Niveau, an dem die Hammer auftraten, nicht als tiefes „Schnäppchenniveau“. Die Bereitschaft, im Sinne des Verhaltensmusters eines Hammers kräftig zu investieren, war einfach nicht gegeben.

Die Überprüfung der Aussagekraft von Trendwendemustern der Candlesticks funktioniert natürlich auch mit anderen gängigen Indikatoren. So zeigen auch RSI, Stochastik oder MACD an, ob entsprechend auftretende Hammer in vorab definierten Extremzonen auftreten oder nicht. Damit erhalten vor allem bestätigte Trendwendemuster eine höhere Aussagekraft als ohne das „Hilfsmittel Indikator“.

Relevant sind Indikatoren zudem bei der Entwicklung einer Software zur automatisierten Candlestick-Mustererkennung. Denn leider treten insbesondere die oben angeführten Trading Setups auf Tages- oder Wochenbasis nicht ständig auf. Scannt man jedoch einen Pool von mehreren hundert Werten und Aktien täglich nach einem Hammer entweder auf Tages- oder Wochenbasis, erhält man in der Regel einige sinnvolle Trading-Chancen pro Woche. Hierbei ist die Definition eines Hammers noch recht gängig. Indikatoren helfen dann bei der Filterung der Muster entsprechend der Trenddefinition, die mithilfe eines Indikators oder einer Kombination derselben vorgenommen werden kann. Die diskretionäre Abschätzung der von der Software ausgewählten Muster muss der Trader allerdings selbst durchführen.

Bild 6: KAIRI

Bild 6 KAIRI

Bild 6: Hier sehen Sie den Chart des DAX im Jahr 2004, dargestellt in Tageskerzen, mit KAIRI (38). Trendwendemuster erhalten in defi nierten Extremzonen von Indikatoren eine zuverlässige Aussagekraft. Fehlt hingegen eine deutlich überkaufte oder überverkaufte Chartsituation, ist die Aussagekraft eines Trendwendemusters in der Regel nur schwach ausgeprägt.

Fazit

Nach einem Abwärtstrend oder einer Abwärtsbewegung muss der erste auftretende Hammer nicht gleich das bedeutende Umkehrsignal darstellen. Eine Bestätigung des Hammers durch eine nachfolgende weiße Kerze ist abzuwarten. Zudem sollten unterschiedliche Zeitebenen miteinander verknüpft werden. Die Aussagekraft eines Hammers als Trendwendemuster kann durch Indikatoren unterstützt werden.

Autor:

Stefan Salomon

Stefan Salomon

Stefan Salomon ist seit Mitte der 90er Jahre technischer Analyst. Seitdem war er unter anderem Leiter der Technischen Analyse der Wallstreet:Online AG, Financial Advisor der Hornblower Fischer AG sowie Vorstandsmitglied und Regional-Manager in Berlin der VTAD e.V. Salomons Spezialgebiete sind die Trend- und Formationsanalyse sowie Candlesticks.

Quelle: TRADERS' Mag.


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