Kerzencharts/Candlesticks - Analysieren, Interpretieren und durchstarten!

Aufbau einer Kerze

Der Kerzenchart (Candlestick-Chart) ist inzwischen eine sehr häufig anzutreffende Variante unter den meisten technischen Analysten, um einen Chart zu analysieren. Das Verständnis zu der Konstruktion der einzelnen Kerzen ist für die richtige Anwendung von großer Bedeutung, sowie auch die richtige Interpretation bestimmter Kerzen-Formationen.

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Die Kerze

Jede Kerze besteht aus einem Körper und einem oberen und einem unteren Schatten. Der Körper zeigt die Differenz zwischen dem Eröffnungs- und Schlusskurs einer gewissen Zeitspanne, welche man beliebig einstellen kann. Zudem findet noch eine farbliche Unterscheidung der Kerzenkörper statt, je nachdem ob der Handelsverlauf am Ende der Zeitperiode positiv oder negativ war. Liegt der Schlusskurs über dem Eröffnungskurs handelt es sich um eine positive Bilanz und der Körper hat z.B. eine grüne Farbe (dies kann individuell eingestellt werden, häufig ist diese Kerze auch weiß!). Ist die Bilanz am Ende der Handelsperiode negativ, so ist die Kerze meistens rot (ebenfalls individuell einzustellen, häufig auch schwarz!).


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Der obere Schatten wird auch Docht genannt (analog zu einer Kerze) und zeigt die Kursspanne vom Körper bis zum höchsten Kurs während der Zeitspanne. Bei dem unteren Schatten, auch als Lunte bezeichnet, handelt es sich um die Differenz zwischen Kerzenkörper und dem tiefsten Kurs des Intervalls.

Aufbau einer Kerze

Bild 1: Hier ist der Aufbau einer Kerze anhand von einer bullischen Wochenkerze zu sehen. Liegt der Eröffnungskurs über dem Schlusskurs erhält die Kerze eine andere Farbe (ZM, Weekly, Februar 2020 bis März 2020).

Die gängigsten Zeitspannen für eine Kerze sind ein Monat, eine Woche, ein Tag, vier Stunden, eine Stunde, 30 Minuten, 15 Minuten, fünf Minuten und eine Minute.
Natürlich sind auch andere Perioden möglich und man sollte die Auswahl auf seinen eigenen Handelsstil anpassen. Viele benötigen deshalb nicht unbedingt die Charts unterhalb einer Stunde.

Solange die Zeit einer Kerze noch nicht abgelaufen ist, wird im Chartprogramm dennoch immer eine vorläufige Kerze angezeigt. Diese berücksichtigt alle bis jetzt vorhandenen Kursdaten und visualisiert diese so, als ob die Kerze genau jetzt schließen würde.

Informationsgehalt

Bei dem Kerzenchart sind viele Informationen über das Verhalten der Marktteilnehmer in einer gewissen Zeitspanne direkt ersichtlich. Neben der gesamten Handelsspanne (vom Tiefst- zum Höchstkurs), ist auch der Eröffnungs- und Schlusskurs auf den ersten Blick erkennbar. Das hat in der Interpretation des Kursverlaufs einen großen Vorteil: Man kann die Kursbewegung der Zeitperiode besser in einen Zusammenhang einordnen.

Beispiel: Hat eine Aktie in der Handelsspanne einer Kerze (z.B. eine Woche) um 5% zugelegt, so ist das zunächst eine positive Bilanz und wirkt bullisch (natürlich muss dies im Zusammenhang mit der sonst herrschenden Volatilität in dem Wert eingeordnet werden). 
An dieser Stelle würde der Informationsgehalt des Liniencharts bereits ausgeschöpft sein – man erhält die Differenz zwischen dem Schlusskurs der letzten und der derzeitigen Kerze (Achtung: Dies muss nicht der Größe des Körpers, also der Differenz zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs entsprechen! Gab es zwischen den Kerzen eine Kurslücke, so muss das beachtet werden!). 
Im Kerzenchart können nun noch weitere Informationen miteinbezogen werden, welche die vermeintlich bullische Woche deutlich abschwächen können. War die Aktie im Wochenhoch nicht nur 5% sondern eventuell 20% im Plus, so haben es die Verkäufer geschafft die Käufer deutlich zurückzudrängen. Der Docht würde an der Stelle ziemlich groß ausfallen. Die zunächst sehr bullisch wirkende Wochenbilanz bleibt zwar bei den +5%, allerdings ist die Perspektive (durch die zusätzlichen Informationen einer Kerze) nun eine ganz andere und zeigt ebenfalls die anscheinend aufgetretene Verkäuferkraft/Käuferschwäche.

Auch Kurslücken (Gaps) werden in Kerzencharts ersichtlich, während sie z.B. in Liniencharts unerkannt bleiben. Für das Identifizieren von Unterstützungs- und Widerstandsniveaus, sowie auch für die Deutung eines Trends kann dies von nicht zu vernachlässigender Relevanz sein. Kurslücken zeigen immer eine Stärke der jeweiligen Marktteilnehmer (Käufer bei Aufwärts-Gaps und Verkäufer bei Abwärts-Gaps) auf und sollten deshalb eher in Trendrichtung auftreten, da diese stets von mehr Marktteilnehmern gestützt werden sollte als die gegenläufigen Korrekturen.

Die Interpretation der Kerzen

Hat man die Konstruktionsweise der einzelnen Kerze verstanden, so lässt sich daraus auch eine Aussage über den Handelsverlauf der Zeitspanne ableiten. Im vorherigen Absatz ist dazu ein Beispiel zu finden. Auf diese Art „erzählt jede Kerze eine Geschichte über das Verhalten der Marktteilnehmer während ihrer Handelszeit“.

Kerzenchart im Wochenüberblick

Bild 2: Im Wochenchart sieht man hier zwar eine positive Woche, da der Schlusskurs über dem Schlusskurs der vergangenen Woche liegt, aber wir haben sogar unter dem Eröffnungskurs der Woche geschlossen (deshalb ist die Kerze auch rot!). Die positive Woche bleibt, aber seit dem Wochenhoch kamen Verkäufer in den Markt. Die nächsten zwei Wochen setzte sich dies fort (NDX, Weekly, Juni 2020 bis November 2020).

Als erstes fällt dabei die relative Größe einer Kerze im Vergleich zu der sonst gängigen Kerzengröße auf. Dadurch kann eine Aussage über die Volatilität getroffen werden, aber auch gegebenenfalls zu der Stärke eines Trends. Letzteres hängt vor allem von der Größe des Körpers ab. Ein sehr starkes Beispiel wäre eine verhältnismäßig große Kerze in Trendrichtung ohne starke Schatten.
Liegt eine sehr große Handelsspanne (Differenz vom Hoch zum Tief) vor, aber der Körper ist sehr klein, so zeigt das eher eine Unsicherheit im Markt (begleitet von hoher Volatilität). Insgesamt ergeben sich daraus etliche verschiedene Möglichkeiten von Kerzen, welche in der Regel einen bestimmten Namen haben und charakterisiert werden können.


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Ebenfalls gibt es Kerzenformationen, die sich dann aus einer bestimmten Abfolge von diversen Kerzen zusammensetzen. Wie bei den Formationen aus dem Kursverlauf (wie z.B. Dreiecke), können auch hier Erwartungswerte für den zukünftigen Kursverlauf aufgestellt werden. Die Analyse dieser Folgen oder auch der einzelnen Kerzen ist jedoch ein umfassendes Thema, welches in einem oder mehreren weiteren Artikeln separat behandelt werden soll.

Der Vergleich zum Balkenchart (Bar-Chart)

Der Kerzenchart hat im Prinzip denselben Aussagegehalt wie der Balkenchart, da er auf Basis derselben Parameter konstruiert wird. Der Unterschied ist die Art der Visualisierung. Der Balkenchart besteht aus einem Balken vom tiefsten zum höchsten Kurs und zusätzlich einem Balken nach links auf der Höhe des Eröffnungskurses, sowie nach rechts beim Schlusskurs.
Meiner Meinung nach wird mit dem Körper bei der Kerzenvariante viel schneller die Bedeutung des Kursverlaufs aus der Zeitspanne ersichtlich.

Informationsgehalt der Charts im Vergleich

Bild 3:Der Informationsgehalt beider Charts ist identisch, allerdings finde ich persönlich, dass die Kerze eine bessere Visualisierungsmethode ist, da die Bedeutung schneller ersichtlich ist (NDX, Monthly, 2019 bis 2020).

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Autor und Quelle:

Jan Fuhrmann

Jan Fuhrmann beschäftigt sich in seiner Freizeit ausgiebig mit der Technischen Analyse der Finanzmärkte. Interessierten hilft er gerne mit seinen täglichen Aktivitäten auf Instagram weiter, wo er gemeinsam mit einem Freund die Accounts @die.aktionaere und @die.trader führt. Das Hauptziel ist dabei die Förderung der Aktionärskultur in Deutschland.

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