Mit der Top-Down-Analyse den Überblick behalten

Monatschart DAX

Der Ansatz einer Top-Down-Analyse ist eine weit verbreitete grundlegende Herangehensweise, um einen Wert möglichst umfassend und gut einschätzen zu können. Zum einen soll damit sichergestellt werden, dass die gesamte Vergangenheit berücksichtigt wird und zum anderen ist es hilfreich, um einen guten Überblick zu erhalten, wo der aktuelle Kurs eigentlich im Gesamtkontext einzuordnen ist. Bei einer Top-Down-Analyse folgt man dem Grundsatz der Chartanalyse: „Always look left.“ Links (= left) befindet sich die gesamte Kurshistorie, aus der sich relevante Marken ableiten lassen.

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Der Ansatz

Wie der Name bereits sagt geht man nach einem Top-Down-Ansatz vor und arbeitet sich somit von der großen Zeiteinheit in die detailliertere Ansicht vor. Dadurch bindet man auch relevante Kursbereiche aus höheren Zeitebenen in seine Analyse mit ein und berücksichtigt vor allem den dort herrschenden Trend. Berücksichtigt man nur den Trend in der Zeitebene, in der man seinen Einstieg sucht, dann läuft man Gefahr, dass man gegen den übergeordneten Trend handelt und sich somit nur in einer Korrektur befindet.
Im Folgenden werde ich die Methode darlegen, welche ich selbst verwende, wenn ich eine Analyse nach diesem Prinzip anfertige. Grundsätzlich mache ich dies vor jedem Trade/Investment, um nichts unberücksichtigt zu lassen, was ich eigentlich hätte wissen können.

Die Vorgehensweise

1. Trendbestimmung
Wie bereits erwähnt beginnt man in der höchsten Zeiteinheit, wobei dabei der Monats-Chart gängig ist. Dort identifiziert man zuerst den Trend, welcher sich über die letzten Jahre oder sogar Jahrzehnte erstreckt. Wichtig ist es neben der Reihe höherer Hochs und Tiefs (Aufwärtstrend), tieferer Hochs und Tiefs (Abwärtstrend) oder einem Seitwärtstrend, auch auf die Entwicklung des Volumens zu achten. Laut der Dow-Theorie sollte der Umsatz den Trend bestätigen, was bedeutet, dass in einem Aufwärtstrend das Volumen bei Aufwärtsbewegungen mit ansteigen und bei Korrekturen nachlassen sollte (im Abwärtstrend genau entgegengesetzt).
Die Identifikation des Trends sollte in den niedrigeren Zeiteinheiten fortgeführt werden, da man somit insgesamt einen Überblick erhält. Dies ist wichtig, da ein Trend immer eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Fortsetzung als für eine Umkehr hat. Dabei ist die höhere Zeiteinheit stets dominanter.

2. Linienchart
Danach rufe ich mir einen Linienchart anstelle des Kerzencharts auf, da sich dieser auf die Verwendung von Schlusskursen beschränkt. Diese haben eine erhöhte Relevanz, weshalb es sinnvoll ist nach Zonen Ausschau zu halten, in denen sich Schlusskurse häufen.
Theoretisch könnte man dies natürlich auch im Kerzenchart machen, indem man sich dort nur auf die Kerzenkörper bezieht. Allerdings wird es durch die komprimiertere Menge an Informationen (und zwar nur die Daten, die man für diesen Schritt benötigt) einfacher diese Zonen zu entdecken.

Dasselbe Prinzip wiederhole ich auch im Wochen- und Tageschart. Dabei nutze ich andere Farben, damit ich die Relevanz der einzelnen Kursmarken und -regionen hinterher ohne Probleme schnell einordnen kann. Das Prinzip kann auch noch in weitere kleinere Zeitebenen fortgeführt werden; man sollte jedoch abwägen, inwiefern das für den eigenen Handel relevant ist und ob man dann noch eine gute Übersicht behalten kann. Gerade in den geringen Zeiteinheiten muss diese Feststellung der wichtigen Kurslevels häufiger angepasst werden.

Monatschart DAX

Bild 1: Hier sind im Monatschart des DAX wichtige Levels eingetragen. Dabei wurde der Linienchart verwendet, um sich lediglich auf die Schlusskurse zu beschränken. Dieselbe Vorgehensweise wird auch in den anderen Zeiteinheiten durchgeführt. Auf die Farbe der Levels gehe ich später ein, hier folgt sie noch keinem genauen Schema außer dem naheliegenden rot (Widerstand) und grün (Unterstützung) (DAX, Monthly, 2000 bis 2020).


3. Kerzenchart
Sobald ich in den Kerzenchart wechsle, kann ich gegebenenfalls noch relevante Zonen aus dem 1. Schritt ergänzen, sofern sie mir erst jetzt auffallen sollten. Im Anschluss gehe ich aber auch hier wieder von der hohen Zeiteinheit in die kleine Zeiteinheit vor.
Den Informationsgehalt, den der Kerzenchart im Vergleich zum einfachen Linienchart bietet, ist der höchste und tiefste Kurs, sowie die Eröffnung der jeweiligen Zeitperiode. Außerdem kann man im Vergleich zum Linienchart auch Kurslücken erkennen, welche als Unterstützungs- bzw. Widerstandsniveaus dienen, aber auch den Trend bestätigen (solange sie in Trendrichtung auftreten).
Aus dieser Charteinstellung kann man somit Näheres über den genauen „Charakter“ des gerade herrschenden Trends herausfinden, also über die Stärke, das Momentum, etc. Die technische Analyse der Kerzen selbst ist dabei durchaus angebracht und kann Aufschluss über die aktuelle Marktsituation geben. Dies ist jedoch eine Thematik für sich, ebenso wie die Bedeutung und Einordnung von Gaps.

4. Weitere Werkzeuge
Je nach Strategie verwenden verschiedene Trader/Investoren auch andere Tools, wie z.B. Trendlinien, Fibonacci-Retracements, das Volumenprofil oder weitere Indikatoren. Dabei sollte man ebenfalls die höheren Zeiteinheiten berücksichtigen und zur Einfachheit eventuell eine farbliche Abgrenzung (passend zu den Zeitebenen) vornehmen.
Bei Trendlinien kann es zudem Sinn machen auch im Linienchart nach Möglichkeiten zum Einzeichnen Ausschau zu halten, wenn man sich dabei sowieso auf die Schlusskurse beschränkt (eine mögliche Variante).

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Relevanz der Zeiteinheiten

Wie bereits erwähnt ist der Trend in der höheren Zeiteinheit der dominantere, was ebenso für die Unterstützungs- und Widerstandszonen, Trendlinien, … gilt. Die Wahrscheinlichkeit ist einfach wesentlich höher, dass mehr Marktteilnehmer auf diese Bereiche achten, wenn sie in einem größeren Zeitfenster ersichtlich sind. Deshalb sind für meinen Top-Down-Ansatz die Farben auch bedeutend, damit ich jederzeit nicht nur die Bereiche erkennen kann, sondern auch die Relevanz auf den ersten Blick sehe.
Klassifiziert man dann noch einmal (z.B.) die verschiedenen Trendlinien in derselben Zeiteinheit, so kann die Einstellungsmöglichkeit der Liniendicke oder auch -art (gepunktet, gestrichelt, normal) nützlich sein.

Berücksichtigung der Farbwahl

Bild 2: In diesem Chart ist die Farbwahl berücksichtigt worden, indem für verschiedene Werkzeuge in derselben Zeiteinheit dieselbe Farbe verwendet wurde. Es sind nur wenige Beispiele aus einer Zeiteinheit eingetragen; führt man das Prinzip aber fort, so erhält man trotz vieler Zeichnungen im Chart einen besseren Überblick (NDX, Monthly, 2010 bis 2020).

 

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Autor und Quelle:

Jan Fuhrmann

Jan Fuhrmann beschäftigt sich in seiner Freizeit ausgiebig mit der Technischen Analyse der Finanzmärkte. Interessierten hilft er gerne mit seinen täglichen Aktivitäten auf Instagram weiter, wo er gemeinsam mit einem Freund die Accounts @die.aktionaere und @die.trader führt. Das Hauptziel ist dabei die Förderung der Aktionärskultur in Deutschland.

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