Umkehrzonen mit Fibonacci-Clustern bestimmen

Struktur der Fibonacci Korrektur prev

Die auf der Fibonacci-Zahlenreihe basierenden Werkzeuge zeigen häufig eine verblüffende Treffergenauigkeit bei den errechneten Kursniveaus und werden von vielen für verschiedene Zwecke gerne verwendet. In diesem Artikel soll es um einen spezifischen Fall gehen: Sobald ein eindeutiger Aufwärts- oder Abwärtstrend vorliegt und dieser sich in einer gegenläufigen Korrektur befindet, so soll mit dem vorgestellten Prinzip eine wahrscheinliche Umkehrzone zur Wiederaufnahme des Haupttrends identifiziert werden. Dabei nutzt man nicht nur ein Tool, sondern kombiniert zwei verschiedene, um Cluster zu identifizieren.

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1. Das Fibonacci-Retracement

Wurde die Korrektur der Trendbewegung eingeleitet, kann an diese ein Fibonacci-Retracement angelegt werden. In einem Aufwärtstrend macht man dies von dem letzten markanten Trendtief an das nun etablierte Hoch (im Abwärtstrend vom Trendhoch an das Tief). Nun hat man bereits einige Anhaltspunkte, wo die Korrektur ungefähr enden könnte.
Die zuverlässigsten Retracements sind in der Regel das 61,8-, 78,6- und 38,2-Level.
Im Anschluss sollte die Struktur der Korrektur untersucht werden.

Struktur der Korrektur

Eine Korrektur eines Trends verläuft in der Regel in drei Phsaen: Auf die erste gegenläufige Bewegung folgt eine kurze Erholung und dann die zweite Bewegung entgegen der übergeordneten Trendrichtung. Dies kann man am folgenden Beispiel gut erkennen (siehe Chart): 
Es liegt übergeordnet ein Aufwärtstrend vor, welcher zunächst in der ersten Abwärtswelle korrigiert wurde. Nachdem eine Erholung in Richtung des übergeordneten Trends erfolgte, schloss sich die zweite Abwärtswelle an. Umgekehrt dazu verhält sich eine Korrektur in einem laufenden Abwärtstrend.

Struktur der Fibonacci Korrektur

Bild 1: Zu sehen ist die Struktur der Abwärtskorrektur (orange) in dem übergeordneten Aufwärtstrend. Die Trendbewegung (grün) wird voraussichtlich in einer dreiphasigen Struktur (schwarz) korrigiert; die Korrektur ist hier aber noch nicht final beendet (!) (SPX, Daily, Juni 2020 bis Oktober 2020).


2. Die Fibonacci-Projektion

Das Fibonacci-Retracement zeigt bereits Zonen, an denen das Ende der Korrektur wahrscheinlich ist und die Aufnahme der übergeordneten Trendrichtung erfolgen könnte. Um dieses weiter zu präzisieren, kann eine Methode der Kurszielbestimmung verwendet werden, wie die Fibonacci-Projektion.
Die Fibonacci-Projektion benötigt beim Anlegen drei Ankerpunkte: Den Start der Korrektur, das Ende des ersten Korrekturarms und das Ende der kurzen Erholung innerhalb der Korrektur. Hierfür ist es essenziell die gängige Struktur einer Korrektur zu kennen, welche im letzten Absatz erklärt wurde.
Im übergeordneten Aufwärtstrend legt man in einer laufenden Abwärtskorrektur das Werkzeug wie folgt an: Vom Hoch der letzten Trendbewegung an das Tief der ersten Korrekturwelle (diese läuft gegen den Aufwärtstrend) und dann an das nächste etablierte Hoch, welches sich ausbildet bevor die zweite Korrekturwelle (abwärts) startet.
Befindet man sich übergeordnet in einem Abwärtstrend legt man die Projektion vom Trendtief an das Hoch der ersten Korrekturwelle und anschließend an das Tief an, welches etabliert wird bevor die zweite Aufwärtskorrekturwelle startet.
Die Ziellevel der Projektion ergeben sich aus den Fibonacci-Ratios: 0,786, 1, 1,272, 1,618, … Sie bestimmen somit das mögliche Ziel des zweiten Korrekturarms.

Die Kombination beider Werkzeuge

Kombiniert man beide Werkzeuge, so wird man häufig Überschneidungen von Retracements und Projektionszielen erkennen können. Diese Cluster-Regionen bieten sich für einen Einstieg (nach den eigenen Kriterien!) an, wenn man auf die Fortsetzung des übergeordneten Trends spekulieren möchte.

Bei den vorliegenden Beispielen dreht der Kurs jeweils in der Cluster-Region (lila) bestehend aus dem 61,8-Retracement und der 0,786-Projektion. Die beiden Level liegen zwar nicht genau aufeinander, aber bilden eine sehr kleine Kursregion, in der eine Umkehr -aus zweierlei Gründen- wahrscheinlich ist. 
Ebenfalls ist es bei beiden Charts die „schönste“ Cluster-Zone, da bei den anderen Möglichkeiten ein größerer Abstand zwischen dem betroffenen Retracement und der Projektion liegt. Bei Silber (rechts) ist dies extremer als beim S&P 500 (links). Die nächste Anlaufzone beim amerikanischen Index könnte durchaus aus dem 78,6-Retracement und der 1,272-Projektion bestehen.

Fibonacci Umkehrzone Beispiel

Bild 2: Hier sind zwei Anwendungsbeispiele der Taktik zu erkennen; einmal in einem Aufwärtstrend und einmal in entgegengesetzter Richtung (1. SPX, Daily, Juni 2020 bis Oktober 2020; 2. XAGUSD, H1, 23. Okt. 2020 bis 28. Okt. 2020).

Voraussetzungen vor dem Einstieg

Bevor ich aber mit dieser Methode einen Trade eingehe müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen bedarf das Anlegen der Fibonacci-Projektion einer klaren Struktur der Korrektur, sodass diese dem typischen dreiphasigen Muster folgt. Darüber hinaus sollte die Korrektur kein zu hohes Momentum aufweisen (im Vergleich zu den Bewegungen in Richtung des Haupttrends) und das Volumen sollte den Trend stützen. Letzteres ist Teil der Dow-Theorie, welche beinhält, dass der Umsatz immer in Trendrichtung ansteigen und in Korrekturen abflachen sollte.
Zusätzlich sollte bedacht werden, dass es sich bei den ermittelten Zonen lediglich um wahrscheinliche Umkehrzonen handelt – daraus ergibt sich noch lange kein Setup für einen Trade. Hier gibt es dann viele Optionen, welche man dem eigenen Tradingstil anpassen und auf den nachhaltigen Erfolg backtesten sollte. Ein Beispiel wäre das Warten auf eine Trendumkehr in der niedrigeren Zeiteinheit, sobald der Kurs die Cluster-Zone erreicht hat. Doch auch das muss mit einem begründeten Stop-Loss und Take-Profit verbunden werden.
Die beiden Werkzeuge liefern somit nur den Bereich, wo man sich auf die Lauer legen sollte. Wie man dann vorgeht und schlussendlich handelt ist davon zu trennen und muss zusätzlich erarbeitet werden.

Zusammenfassung

Mithilfe einer Kombination aus zwei Fibonacci-Werkzeugen können sehr wahrscheinliche Umkehrzonen innerhalb einer Korrektur einer Trendbewegung festgestellt werden. Diese sind im Anschluss interessant, um einen Einstieg in Richtung der übergeordneten Trends zu finden, welcher nach der eigenen Strategie erfolgen sollte. 
Die „blinde“ Eröffnung eines Trades in den Fibonacci-Cluster-Zonen kann zwar zum Erfolg führen, allerdings eher unzuverlässig. Somit ist die vorgestellte Methode keine alleinstehende Handelsstrategie, sondern nur eine Kurszielermittlung der Korrekturbewegung, welche man dann für sich nutzen kann.

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Autor und Quelle:

Jan Fuhrmann

Jan Fuhrmann beschäftigt sich in seiner Freizeit ausgiebig mit der Technischen Analyse der Finanzmärkte. Interessierten hilft er gerne mit seinen täglichen Aktivitäten auf Instagram weiter, wo er gemeinsam mit einem Freund die Accounts @die.aktionaere und @die.trader führt. Das Hauptziel ist dabei die Förderung der Aktionärskultur in Deutschland.

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