Das On-balance Volume (OBV) richtig einsetzen

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Erfahren Sie in diesem Artikel alles über die Berechnung vom On balance Volume (OBV) und deren Besonderheiten

Das On-balance volume ist ein Indikator, welcher den Preis eines Basiswerts und das Volumen, welches gehandelt wurde, miteinander kombiniert. Wie bei vielen Indikatoren liegt ein großer Nutzen vor allem in der Identifizierung von Divergenzen zwischen dem Kurs- und dem Indikator-Verlauf. Erkennt man eine solche Situation, so ist Vorsicht geboten, da eine Trendumkehr anstehen könnte.
Allerdings hat das OBV auch Schwachpunkte, z.B. in Intervallen mit außergewöhnlich hohem Volumen (Verfallstage) oder bei nur geringen Kursänderungen. 

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Die Berechnung des On-Balance Volumes

Bei der Berechnung des Indikators ergibt sich der aktuelle Wert aus dem OBV-Wert vom Vortag und dem heutigen Handelsvolumen. Letzteres wird auf den Vortages-Wert addiert, wenn auch der Schlusskurs über dem Vortagesschlusskurs liegt. Alternativ wird eine Subtraktion vorgenommen, wenn der heutige Schlusskurs unter dem des vorherigen Tages liegt. 
Auf diese Art wird nach einem negativen Handelstag der OBV-Wert reduziert und nach einem positiven Handelstag erhöht. Liegt der Schlusskurs bei demselben Kurs wie am Vortag, so findet keine Änderung des OBV-Wertes statt.

Die Erklärung erfolgte nun anhand von Tagen, allerdings lässt sich das Prinzip problemlos auf andere Zeiteinheiten übertragen. Das OBV kann sowohl für höhere Zeiteinheiten (z.B. Woche), als auch für die niedrigeren Perioden (z.B. Stunde) angezeigt werden.

Einschränkungen/ Besonderheiten OBV

Bei den niedrigeren Zeiteinheiten muss unbedingt berücksichtigt werden, dass die Aussagekraft teilweise eingeschränkt ist. Dies liegt an gewissen Charakteristika des jeweiligen Marktes. Schaltet man das OBV z.B. bei einer Aktie auf Stunden-Basis ein, so wird es zu bestimmten Uhrzeiten Volumen-Ausschläge geben. Dies liegt an dem hohen Handelsvolumen z.B. bei der Eröffnung des Marktes. Diese Verzerrung sollte berücksichtigt werden. 
Dasselbe gilt für bestimmte Tage, wie z.B. dem Hexensabbat (auch großer Verfallstag genannt). Generell darf das hohe Volumen an diesem Tag nicht fehlinterpretiert werden – das ist „normal“ (für den Verfallstag). 
Das gilt für die Umsatzanzeige (Säulen) am unteren Bildschirmrand, aber auch für den Indikator (OBV), da dieser schließlich daraus berechnet wird. 

Starke Bewegungen vom OBV

Bild 1: Am Verfallstag im Dezember 2020 kam es zwar zu keiner nennenswerten Bewegung, aber das Volumen war (aufgrund des Verfalls) hoch. Somit bewegte sich das OBV relativ stark nach unten. Hätte der DAX minimal höher (im positiven Bereich) geschlossen, so wäre das OBV gestiegen (DAX, Daily, Nov. 2020 bis Jan. 2020).

Divergenzen

Da der Indikator an sich trendfolgend ist, sollten steigende Hochs und Tiefs im Kursverlauf von steigenden Hochs und Tiefs im Indikator begleitet werden (Erklärung am Beispiel eines Aufwärtstrends, im Abwärtstrend gilt dasselbe mit fallenden Hochs und Tiefs). Ist genau dieser Zusammenhang nicht erfüllt, so liegt eine Divergenz zwischen Kurs- und Indikatorverlauf vor. Ein Beispiel für diese Situation wären weiter steigende Hochs und Tiefs im Chart, aber keine neuen höheren Hochs im Indikator. In diesem Fall würde ein wesentlicher Aspekt der Dow-Theorie nicht erfüllt sein:

Laut Charles Dow sollte das Volumen immer in Trendrichtung ansteigen und in gegenläufigen Korrekturen wieder abnehmen. In einem solchen „gesunden“ Trend sind die Marktteilnehmer, die in Trendrichtung handeln, stärker und haben die Oberhand. Liegt dies nicht vor oder ist sogar umgekehrt (also, dass die Korrekturen von einem höheren Umsatz begleitet werden als die Trendbewegungen), dann ist dies ein erstes Warnsignal, dass der Trend schwächer wird oder sogar umkehren könnte.
Dasselbe gilt auch für die Entwicklung des OBVs, da dieses aus dem Umsatz berechnet wird. Aus diesem Grund ist in einem laufenden Aufwärtstrend Vorsicht geboten, sobald im Indikator keine höheren Hochs mehr ausgebildet werden. Man kann dies nutzen, um seine bestehenden Long-Positionen zu schließen, Teilverkäufe zu tätigen oder diese abzusichern. Ebenfalls besteht die Möglichkeit nach Gelegenheiten für Short-Positionen zu suchen, um an einer potenziellen Korrektur zu partizipieren. 
Gegebenenfalls ergibt sich daraus dann sogar ein nachhaltiger Trendwechsel, wovon man aber nicht primär ausgehen sollte. Dies liegt daran, dass ein Trend immer eine höhere Wahrscheinlichkeit hat sich fortzusetzen, als umzukehren (Dow-Theorie).

Im Abwärtstrend gilt dasselbe, nur umgekehrt. Entweder man nutzt eine Divergenz als Signal um Short-Positionen abzusichern oder Gewinne mitzunehmen oder man sucht nach Long-Einstiegen.

In jedem Fall sollte man jedoch vorsichtig sein, direkt eine Gegenposition zu eröffnen, sobald man eine Divergenz entdeckt. Eine solche Divergenz kann auch länger andauern, bevor es wirklich zu einer gegenläufigen Bewegung kommt. Zwar wird der Trend dann meist zunehmend schwächer, aber ist immer noch aktiv.
Findet in der geringeren Zeiteinheit bereits ein Trendwechsel statt, so steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Auflösung der Divergenz (Gegenbewegung könnte kommen).

Divergenz Kursverlauf und Indikator

Bild 2: Hier lässt sich eine Divergenz zwischen Kursverlauf und Indikator erkennen, welche dann in einem Abverkauf aufgelöst wurde (DAX, Daily, Feb. 2020 bis Jan. 2021).

Schwachpunkt

Ist der Schlusskurs im Vergleich zum Schlusskurs der vergangenen Handelsperiode nur geringfügig höher oder tiefer, findet eine Veränderung des OBVs statt. Es scheint (vom Kurs her) kaum einen nennenswerten Unterschied zu machen, ob der Schlusskurs nun exakt identisch zum vorherigen ist oder eine Bewegung von z.B. +/- 0,03 % vorliegt. Beim OBV wird in diesem Fall aber eine Addition oder Subtraktion des vorliegenden Volumens vorgenommen. War das Volumen in diesem Zeitraum dazu noch hoch, dann kommt es zu einer starken Bewegung im Indikator, obwohl es dafür keine Trendbewegung als Grundlage gibt.
Wie im ersten gezeigten Chart ist die Bewegung im OBV nur bedingt aussagekräftig. Hätte, in diesem Fall der DAX, minimal höher geschlossen, so wäre das OBV deutlich gestiegen.

Eine Möglichkeit um das zu verhindern, wäre eine Anpassung des OBVs. Dabei wäre es eine Idee, den Bereich zu vergrößern, in dem weder eine Addition, noch eine Subtraktion vorgenommen wird. Statt keiner Abweichung könnte man eine geringe relative Spanne als Abweichung zulassen, innerhalb der der OBV-Wert unverändert bleibt. Ein solches Prinzip sollte jedoch ausführlich getestet und auf den vorliegenden Wert (und die herrschende Volatilität) angepasst werden.


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Autor und Quelle:

Jan Fuhrmann

Jan Fuhrmann beschäftigt sich in seiner Freizeit ausgiebig mit der Technischen Analyse der Finanzmärkte. Interessierten hilft er gerne mit seinen täglichen Aktivitäten auf Instagram weiter, wo er gemeinsam mit einem Freund die Accounts @die.aktionaere und @die.trader führt. Das Hauptziel ist dabei die Förderung der Aktionärskultur in Deutschland.

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