Der Stochastik-Oszillator

Der Stochastik-Oszillator

Der Stochastik-Oszillator wurde von Georg Lane in den 1950er-Jahren entwickelt und kann bei einer Chartsoftware unterhalb des Kursverlaufs eingeblendet werden. Wie üblich, kann der Oszillator zwischen den Werten 0 und 100 fluktuieren und soll damit Übertreibungen anzeigen oder andere Formen von Handels- und Warnsignalen liefern.
Bei dem Instrument handelt es sich lediglich um eine Ableitung des Preises, was bedeutet, dass der Stochastik-Oszillator auf Basis des Kursverlaufs ermittelt wird. Aus diesem Grund sollte der Kursverlauf selbst auf keinen Fall nachrangig behandelt, sondern ebenfalls betrachtet und analysiert werden.
Der Einsatz des Oszillators kann sowohl auf einer kurzfristigen Zeitebene, als auch in längerfristigen Kursverläufen erfolgen.

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Berechnung

Der Oszillator besteht aus der K%-Linie und der D%-Linie, wobei letztere einen langsameren Verlauf hat. Da die K%-Linie volatiler ist, kommt es z.B. zu einem bedeutenden Signal, wenn diese die D%-Linie kreuzt. Bevor man sich aber mit der Interpretation und den möglichen Signalen widmet, sollte die Berechnungsweise der Linien verstanden werden. Das ist die Voraussetzung, um die Bedeutung eines Signals oder einer Bewegung im Oszillator nachvollziehen zu können.

K%-Linie
Die Berechnung der K%-Linie erfolgt mit der folgenden Formel:

K%= 100*((C-L_x))/((H_x-L_x))

K%:     Wert des Oszillators
C:    „Close“ (Der letzte Schlusskurs.)
Lx:    „Low“ (Der tiefste Kurs der letzten „x“ Perioden.)
Hx:    „High“ (Der höchste Kurs der letzten „x“ Perioden.)

Zunächst wird die Differenz zwischen dem letzten Schlusskurs und dem tiefsten Kurs der vergangenen „x“ Perioden gebildet. Für das „x“ kann jede beliebige Zahl eingesetzt werden, gängig ist hier die Abbildung der letzten 14 Handelsperioden.
Im Anschluss rechnet man die Differenz zwischen dem höchsten und dem tiefsten Kurs der „x“ Handelsintervalle aus. Dies entspricht der gesamten Handelsspanne im betrachteten Zeitraum.
Zuletzt werden die beiden Differenzen dividiert, wobei sich die Extremwerte von 0 und 1 aus den folgenden Situationen ergeben:

Wert 1:    Dafür muss der Zähler (die erste Differenz) dem Nenner (der zweiten Differenz) entsprechen. Dies ist der Fall, wenn C = Hx zutrifft. Liegt der vergangene Schlusskurs also am Hoch der betrachteten Handelsspanne, so ist der Wert des Bruchs gleich 1.
Allgemeiner formuliert bedeutet dies, dass ein höherer C-Wert für einen höheren Wert des Bruchs (und somit auch des Oszillators) sorgt.
Wert 0:    Diese Situation entsteht im umgekehrten Szenario, wenn der letzte Schlusskurs dem tiefsten Kurs des betrachteten Zeitraums entspricht, also C = Lx. Dann ist der Wert des Zählers gleich 0, woraus folgt, dass der gesamte Bruch den Wert 0 annimmt.
Allgemeiner formuliert bedeutet dies, dass ein niedrigerer C-Wert für einen niedrigeren Wert des Bruchs (und somit auch des Oszillators) sorgt.

Abschließend erfolgt noch eine Multiplikation mit 100, was die getroffenen Aussagen jedoch nicht verändert. Der Schritt sorgt nur dafür, dass der Oszillator zwischen 0 und 100, statt 0 und 1 fluktuiert.

D%-Linie
Bei der D%-Linie handelt es sich um einen geglätteten Durchschnitt der K%-Linie. Der Grad der Glättung kann individuell eingestellt werden, jedoch ist der Faktor 3 gängig. Aufgrund dieser Anpassung ist die D%-Linie weniger volatil und bewegt sich langsamer als die K%-Linie.

Interpretation und Signale

Sobald die schnellere K%-Linie die D%-Linie schneidet, kommt es zu einem möglichen Signal laut dem Oszillator. Kreuzt die K%-Linie die langsamere Linie dabei von oben nach unten, ist dies als Verkaufssignal zu interpretieren. Dies kann sowohl zum Schließen von Long-Positionen, aber auch zur Eröffnung von Short-Positionen genutzt werden.
Kreuzt die K%-Linie die geglättete Version von unten nach oben, so ist die Interpretation genau andersherum – es handelt sich um ein Kaufsignal.

Außerdem definiert man den Bereich über 80 als überkauften Markt und unter 20 als überverkauft. Dies bedeutet nicht, dass man direkt eine Position eröffnen sollte, wenn der Oszillator eine der Zonen erreicht, sondern eher wenn der Bereich wieder verlassen wird. In diesem Fall löst sich die „übertriebene“ Marktsituation vielleicht auf.

Am sinnvollsten ist in der Regel jedoch eine Kombination aus beiden Signalarten. Befindet sich der Wert des Oszillators im überkauften Bereich und die K%-Linie kreuzt die D%-Linie nach unten, so gehen beide Interpretationsmöglichkeiten miteinander einher und eine Abwärtsbewegung könnte gestartet werden.

Beispiel Stochastik-Oszillator

Die Aktie AT&T Inc. befindet sich in einer intakten Abwärtsstruktur und startete 2019 eine Aufwärtskorrektur. Diese wurde vom Stochastik-Oszillator angekündigt, welcher sich während der Bodenbildung im überverkauften Bereich befand. Zudem konnte die K%-Linie die D%-Linie nach oben schneiden und die Extremzone unter 20 wurde verlassen.

Da der Trend immer eine höhere Wahrscheinlichkeit der Fortsetzung als der Umkehr hat, bevorzugen viele Marktteilnehmer das Handeln mit dem Trend. Auch hier hat die AT&T Inc. mit dem Stochastik-Oszillator ein gutes Signal geboten. Dies konnte entweder dafür genutzt werden die Long-Position zu schließen oder um Short-Positionen aufzubauen.
In demselben Zeitraum war der Wert des Oszillators größer als 80 und dementsprechend im überkauften Bereich.

Stochastik-Oszillator Aufwärtskorrektur

Bild 1: Die Aufwärtskorrektur wurde im Stochastik-Oszillator angekündigt (T, Monthly, 2017 bis 2020).

Fehlsignale

Gerade in Seitwärtsphasen produzieren viele Oszillatoren häufig Fehlsignale, was das Kreuzen der beiden Linien betrifft. Durch den zusätzlichen Filter (überkaufter und überverkaufter Bereich) kann man diesem Problem hier zwar entgegensteuern, allerdings nur zu einem Teil. Im folgenden Chart ist ein langsamer, aber kontinuierlicher Aufwärtstrend im S&P 500 aktiv. Wochenlang kam es dabei zu etlichen Fehlsignalen, bevor wirklich ein (kleiner) Abverkauf folgte.
Folgt man aber der Prämisse nur mit dem Trend zu handeln, hätte man in dieser Situation erst gar nicht nach Short-Einstiegen gesucht.

Fehlsignale S&P 500

Bild 2: Im S&P 500 kam es zu vielen Fehlsignalen, allerdings wären Short-Versuche ohnehin gegen den Trend gewesen (SPX, Daily, Nov. 2020 bis 2021).

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Autor und Quelle:

Jan Fuhrmann

Jan Fuhrmann beschäftigt sich in seiner Freizeit ausgiebig mit der Technischen Analyse der Finanzmärkte. Interessierten hilft er gerne mit seinen täglichen Aktivitäten auf Instagram weiter, wo er gemeinsam mit einem Freund die Accounts @die.aktionaere und @die.trader führt. Das Hauptziel ist dabei die Förderung der Aktionärskultur in Deutschland.

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